Christoph Ruhrmann – Kandidat für den Stadtrat Delitzsch

Wiederbelebung der Delitzscher Innenstadt

Immer wieder wird die Rettung der Innenstadt gefordert, da sie entscheidend dafür ist, ob sich Menschen in einer Gemeinde wohlfühlen. Auch Delitzsch sollte alles daran setzen, was gut ist, zu bewahren und die fehlende Attraktivität der Innenstadt wieder aufzubauen. Verschiedene Strategien können dazu beitragen, die momentane Situation zu verbessern und den Innenstadtbereich Delitzsch wieder zu beleben.

Spaziergänge und Stadtmanagement

Spazierengehen ist gut. Mit mehreren Spaziergehen ist besser. Der regelmäßige Stadtspaziergang ist ein pragmatischer Weg der Bürgerbeteiligung. Delitzscher können über dabei über neue Vorhaben informiert werden, konkret sagen, wo der Schuh drückt (in Bezug auf Orte, Gebäude und Situationen in der Stadt). Idealerweise finden solche Spaziergänge in regelmäßiger Frequenz statt und nicht nur anlassbezogen, wenn die Stadt mal stolz eine neues Projekt vorstellen will. Denn so schön es manchmal ist, sich auf die Schulter zu klopfen, wichtig ist es auch, Mißstände und Probleme in der Stadt zu identifizieren und gemeinsam zu überlegen, was man besser machen könnte.
Das sollte natürlich nicht nur im Innenstadtbereich, sondern ebenso in Delitzsch Ost und Nord sowie in den Ortsteilen stattfinden.

Wir sollten darüber nachdenken, ein sogenanntes Stadtmanagement einzuführen. Dieses wird sicher eine andere Aufgabenstellung haben wie das traditionelle Quartiersmangement. 1. soll dieses den gesamten Stadtbereich umfassen, 2. ist die Kernaufgabe eines Quartiersmangers oder einer Quartiersmanagerin ja auch die soziale Stabilisierung eines Stadtteils, hier stehen die Delitzsch und die Ortsteile aber recht gut da, nicht zuletzt durch den guten Zusammenhalt der Menschen in den Ortsteilen. Vielmehr könnte das Stadtmanagement eine Schnittstelle zwischen Bürgern und der Verwaltung darstellen und sollte dieser hierarchisch nicht unterstellt  angegliedert oder sein.


Denken Sie darüber nach: Wie würde Ihre Route aussehen?

Eine Workshop-Idee

In Zusammenarbeit mit Delitzscher Schulen könnte ein Workshop entstehen, in dem Schüler und Jugendliche aus Delitzsch eine Vision für Delitzsch gestalten. Er wird ein Kickoff-Seminar geben, in dem die Visionen und realisierte Entwürfe aus dem Bereich Stadtplanung und Public Places vorgestellt werden. Das können kleinere Projekte sein, die einen starken architektonischen Background haben oder Projekte wie zum Beispiel die New Yorker Highline. Ein zu klein oder zu groß gibt es hier nicht, in diesem Kickoff-Seminar geht es in erster Linie darum, Lust auf das ein Entwickeln einer Vision zu wecken und Teams von jeweils 3-5 Jugendlichen zu bilden, die dann zusammen ihre Vision für Delitzsch entwickeln.

In einem mehrtägigen Workshop werden die Visionen von den Teams entwickelt. Diesen Teams könnte, wenn sie es wünschen, neben Material und Technologie je ein Studierender der Architektur/Stadtplanung  an die Seite gestellt werden, der bei fachlichen Dingen berät und bei der Visualisierung (Skizze, 3D oder Modell) beratend zur Seite steht.

Am Ende des Workshops werden die Visionen unserer Teams den Delitzscher präsentiert. Für diesen Zweck wird eine temporäre Galerie eingerichtet, die im Zeitraum zwischen Vernissage und Finissage auch für Foren und Vorträge über die Problematik Shrinking Cities und deren Lösungen benutzt wird. Es geht hier nicht darum, auf jeden Fall nur praktikable Lösungen zu entwickeln–schön, wenn sich dabei welche ergeben. Schön aber ebenfalls, wenn es gelingt, wieder Lust auf  die eigene Stadt zu machen.

Vielleicht kann es so gelingen, wieder einen fruchtbaren Dialog zwischen Stadt und Ihren Bürgern herzustellen

Kommunale Projektentwicklungsgesellschaft gründen

Etwa ein  Gebäude, in dem seit Jahren kein Geschäft mehr stattfindet, keine Mieter mehr wohnen, usw.  Hier und da ein bisschen Verfall. Eine Möglichkeit, dem entgegen zu wirken, besteht darin, eine kommunale Projektentwicklungsgesellschaft zu gründen. Dies wurde beispielsweise von der Stadt Eschwege als Gegenstrategie zur drohenden Schließung des Kaufhauses Hertie umgesetzt. Hier bestand die Gefahr, dass durch das Ausbleiben von Hertie (welches 25 % der Fläche der Innenstadt ausmachte) auch andere Geschäfte in den Abwärtsstrudel gezogen werden könnten. Durch die Gründung einer Projektgesellschaft wurde das Gebäude revitalisiert und neu vermarktet, bevor Leerstand entstand. Heute gehört das Einzelhandelsobjekt einem dänischen Fondshaus, und in den Räumlichkeiten befinden sich zahlreiche kleine Geschäfte unter dem Namen „Schlossgalerie“. Haben wir  Mut zum Experiment und nutzen wir kreative Ideen!

Private Unternehmen und Eigentümer einbinden

Nach der Bestandsanalyse muss Delitzsch ein klares Konzept für eine Innenstadtbelebung zu entwickeln. Dies wird nur funktionieren, wenn die Stadt alle Akteure einbindet. Das bedeutet, die Besitzer der Immobilien in der Innenstadt, einschließlich der nicht genutzten Gebäude, sowie die Einwohner sollten einbezogen werden. Die Stadt Delitzsch sollte daher den Wohnungs- und Gewerbemarkt vor Ort analysieren. Auch während dieser Phasen sollte die Stadt Delitzsch immer informelle Formate wie Runde Tische oder Quartiersgespräche nutzen.  Die Stadt sollte die Möglichkeiten aktiver kommunaler Grundstückspolitik nutzen. Das bedeutet, dass  Delitzsch Fläche auf Vorrat kaufen könnte, die sie immer noch verkaufen kann. Durch den Zwischenerwerb gewinnt die Stadt Delitzsch jedoch wieder die Handlungshoheit.

Eigentümer zu Partnern machen

Delitzsch sollte Eigentümer zu  Partnern in der Stadtentwicklung machen, nur so werden wir diese motivieren. Eine Eigentümermoderation – die bei schwierigem persönlichen Verhältnis auch extern moderiert werden kann – analysiert den Bestand und den Entwicklungsbedarf und motiviert die Eigentümer zur eigenen Initiative. Delitzsch kann hier aktiv für Unterstützung durch den Einsatz von Förderprogrammen oder sonstigen  Hilfen bieten.

Zu unkonkret? So könnten einige Ideen im Einzelnen aussehen.

BLICK ÜBER DEN TELLERRAND

Tapetenwechsel in Bochum

Ich habe einen großen Teil der letzten Jahre in Bochum verbracht. Und man sieht dann naütlich so einiges an Problemen, aber auch Möglichkeiten diesen Problemem einer Stadt zu begegnen. Wie einige Städte im Pott hat der Strukturwandel und das Abwandern von Industrien auch Bochum hart getroffen.  Also gibt es noch ganz andere drängende Probleme als den VFL  😉. Und natürlich ist eine Stadt mit 375.000 Einwohnern per se etwas heterogener, auch was die Probleme angeht als eine Stadt wie Delitzsch mit ca. 26.000 Einwohnern. Aber ein paar ähneln sich: Die Bochumer Innenstadt hat ein massives Leerstandsproblem und verkommt an manchen Ecken, alles andere zu behaupten, wäre geschönt. Diese Probleme versucht man zu bekämpfen. Eine der Initiativen der Stadt (ja, der Stadt, man glaubt es kaum) ist das Projekt „Tapetenwechsel” Hier werden leerstehende Objekte von meist kulturnahen Projekten zwischen genutzt. In den ersten zweieinhalb Jahren des Projekts wurden zwölf leerstehende Räume durch mehr als 30 Akteurinnen und Akteure temporär umgenutzt. Neben mehreren Kunstausstellungen haben Upcycling-Workshops, Lesungen, Yoga-Workshops und Bier-Tastings für eine Belebung der Innenstadt gesorgt. Auch eine Foodsharing-Initiative, ein Pop-up-Store verschiedener Bochumer Start-ups sowie die evangelische Hochschule gehören zu denen, die innerstädtische Leerstände mit neuem Leben füllten. Könnte ein solches Projekt in Delitzsch funktionieren? Wenn man es kleiner skaliert, denke ich, das würde funktionieren.

Wandelpfad Homburg

Wenn man sich Delitzsch ansieht, passiert recht wenig, um die Innenstadt zu beleben, abgesehen von den gut angenommenen Abend- und Frischemärkten, die ihrer Natur nach nur eine auf äusserst kurze Zeiträume begrenzte Maßnahmen sind. Als permanente Verbesserung der Situation hat die Delitzscher Stadtverwaltung die Allzweckwaffe „Blumenampel“ erkoren, garniert mit dem engagiertem Druck von (meines Wissens nach) 25.000 Papiertüten mit dem Aufdruck „Ich kauf‘ in Delitzsch!“ Dabei muss man gar keine Ideen haben, jedenfalls keine eigenen. Oft hilft hier ein interessierter Blick über den Tellerrand. Ziemlich gelungen finde ich das Projekt „Wandelpfad Homberg“ mit dem eine kleine Stadt im Nordhessischen (Homberg hat 14.000 Einwohner) sich dem Strukturwandel und dem Leerstand entgegenstemmt. Aber wahrscheinlich ist das ja wieder alles zu anstrengend.