Christoph Ruhrmann – Kandidat für den Stadtrat Delitzsch

Dialog etablieren und Bürgerbeteiligung stärken

Wie wollen wir in Zukunft leben? Das ist die Frage, die wir uns als Delitzscher Bürger selbst stellen müssen, wenn wir nicht wollen, dass diese Zukunft von anderen entschieden wird. Dass hier innerhalb der Bürgerschaft unterschiedliche Vorstellungen existieren, ist klar. Andere Generationen, andere Lebenswege und Erfahrungen sorgen auch für unterschiedliche Ziele. Diese können wir aber gemeinschaftlich verhandeln. Und das sollten wir auch.

„Wer Planungsvorhaben beschleunigen will, der darf nicht an der Demokratie sparen. Er muss mehr beteiligen, er muss früher beteiligen, er muss besser beteiligen, als es bislang die Regel ist.”

JÖRG SOMMER
Sozialwissenschaftler und Direktor des Berlin Institut für Partizipation

Wie kann Bürgerbeteiligung nicht funktionieren?

Der Wille zum Dialog und zur Beteiligung muss auf seiten der Stadt wie auf Seiten der Bürgerstchaft vorhanden sein. Dass ein großer Teil der Delitzscher hier mittlerweile resigniert, ist schade, aber verständlich. Man hat den Eindruck, dass Bürgerinitiativen und -Vereinigungen, die ihre Interessen vertreten, eher als lästige Nebenbaustelle angesehen werden. Nur verständlich, stört doch die Erkenntnis, dass man in der Verwaltung sozusagen Ansprechpartner und Dienstleister der Bürgerschaft ist, das über Jahre liebgewonnene und gelebte Lehnsherrengefühl.

Wenn es unvermeidlich wird, wird ein scheinbarer Bürgerdialog angeboten, wie zum Beispiel die Einladung der Bürger auf den Marktplatz für den Wettbewerb „Ab durch die Mitte“ im Jahr 2017 unter dem Motto „Ideenforum für Marktgestaltung„. Es ist nicht überraschend, dass der Favorit aus dem Rathaus bereits vor dem Ideenforum feststand. Dies ist gelinde gesagt heikel, da die Verwaltung die Zeit und Ressourcen der Bürger für eine Scheinaktion verschwendet.

> Umgesetzt worden ist natürlich genau nichts. <

Solche Blödsinnigkeiten sollten wir uns als Stadt nicht mehr erlauben – nicht nur, weil sie ein irritierendes Selbstverständnis der Stadt-Oberen zeigen, sondern auch, weil sie ein furchtbares Signal an die Delitzscher Bürger senden: „Wenn ich mich engagiere, führt das zu nichts.“

Beteiligung setzt Wirkungsmöglichkeit voraus. Sonst braucht sie niemand.

Natürlich lässt sich ein Dialog und eine Bürgerbeteiligung entwickeln. Diese Dialoge und Foren ergebnisoffen zu halten, wäre allerdings eine Grundvoraussetzung.

Ein Leitbild, teuer und aufwendig erstellt, das kaum mehr wie eine Aneinanderreihung von Plattitüden beinhaltet, ist jedenfalls nicht der Weg, eine Stadt wirklich zukunftsfähig zu gestalten. Es erfüllt allenfalls eine Alibi-Funktion.

Und ein Dialog mit den Delitzscher Bürgern sollte gewollt und gelebt werden, nicht um jeden Preis vermieden oder nur angetäuscht werden.

Installation eines Delitzscher Bürgerforums

In Delitzsch könnten wir ein Bürgerforum einführen, das unabhängig von öffentlichen Stadtratsitzungen oder von der Stadtverwaltung organisiert wird. In diesem Forum hätten Bürger die Möglichkeit, in regelmäßigen Abständen (jährlich oder alle 6 Monate) ihre Ideen, Anregungen oder Probleme im Zusammenhang mit Delitzsch selbst zu besprechen. Jeder, der etwas präsentieren möchte, könnte dies nach einer Anmeldung für 10-15 Minuten tun.

Die Stadtverwaltung und der Stadtrat würden selbstverständlich als Gäste eingeladen. Es wäre ihnen überlassen, ob sie im Forum für eine Fragerunde oder Diskussion zur Verfügung stehen möchten. Das Forum könnte nicht nur dem Austausch und der Dokumentation des Stadtgeschehens dienen, sondern auch als Plattform für Vernetzung von Interessierten und für einen unkomplizierten Dialog zwischen Bürgern und ihren gewählten Vertretern.

Eine Workshop-Idee

In Zusammenarbeit mit Schulen in Delitzsch könnte ein Workshop für Schüler und Jugendliche entstehen, um gemeinsam eine Vision für die Stadt zu entwickeln. Der Workshop beginnt mit einem Kickoff-Seminar, in dem bereits umgesetzte Ideen aus Stadtplanung und öffentlichen Plätzen vorgestellt werden. Dabei können sowohl kleine architektonische Projekte als auch größere Vorhaben wie die New Yorker Highline inspirieren. Im Kickoff-Seminar geht es vor allem darum, die Begeisterung für die Entwicklung einer Vision zu wecken und Teams von 3-5 Jugendlichen zu bilden, die gemeinsam ihre Vision für Delitzsch entwickeln.

In einem mehrtägigen Workshop arbeiten die Teams an ihren Visionen. Auf Wunsch können ihnen Studierende der Architektur oder Stadtplanung zur Seite stehen, um fachlichen Rat zu geben und bei der Visualisierung (Skizze, 3D oder Modell) zu unterstützen.

Die entstandenen Visionen werden am Ende des Workshops der Delitzscher Gemeinschaft präsentiert. Dafür wird eine temporäre Galerie eingerichtet, die auch für Foren und Vorträge über die Herausforderungen von schrumpfenden Städten und deren Lösungen genutzt wird. Es geht nicht nur darum, praktikable Lösungen zu finden – schön, wenn sie entstehen – sondern auch darum, die Begeisterung für die eigene Stadt wiederzubeleben.

Dieser Ansatz könnte dazu beitragen, einen fruchtbaren Dialog zwischen der Stadt und ihren Bürgern wiederherzustellen

Das sind nur zwei kleine Ideen, die vielleicht dabei helfen in Delitzsch wieder eine aktive Bürgerschaft herzustellen. Das soll nicht heißen, dass es keine Bürger gibt, die sich nicht für die Stadt einsetzen. Die gibt es: genannt sei hier exemplarisch Schwimmen in Delitzsch, die Bürgerinitiative Menschenskinder, der Verein Delitzscher Land e.V.  um nur einige zu nennen. Und doch fehlt vielen kleinen Gruppierungen die Öffentlichkeit, um Ihre Ideen und Aktionen, ihre Probleme öffentlichkeitswirksam an den Mann, die Frau oder alle dazwischen und ausserhalb zu bringen. 

Sehr wahrscheinlich gibt es auch andere und bessere Ideen, die den Delitzscher wieder Lust auf die Gestaltung Ihrer Stadt machen können. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie diese mit mir teilen.